[für BAD ALCHEMY 35/2000]
Mit Franz Schuberts knapp 180 Jahre altem Liedzyklus "Die Winterreise" hat DANIEL LEDUCs Opus nur den Titel und den Text von Wilhelm "Griechen-Müller" Müller gemeinsam. Warum der 35jährige Franko-Kanadiere gerade diesen hochromantischen Gedichtzyklus über das Trauma des Liebesverlustes vertonen musste, bleibt im Dunkeln, ist letztlich aber auch wurscht. Le voyage d'hiver (Empreintes DIGITALes IMED 9945) von 1997 verstehe ich eher als Hörspiel denn als Stück autonomer Musik, zu illustratorisch werden die akustischen Effekte eingesetzt. "Auf dem Flusse" wird mit plätscherndem Wasser untermalt, "Der stürmische Morgen" mit Gewitterlärm, "Der Leiermann" mit rückwärts gespielten Drehorgelklängen etc. Find' ich nicht besonders spannend, um mich 'mal vorsichtig auszudrücken. Wo ist denn da der Witz? Nicht viel anders geht es mir mit der viersätzigen «Wolkenvertonung» "Troposphère" (1994). Eine Verbindung zwischen Sujet und Gehörtem stellt sich entweder nicht her oder sie ist von rein illustrativer Plattheit (Cumulonimbus-Wolken machen Wolkenbrüche, also hört man auch einen solchen auf dem gleichnamigen Stück usw.). Dass die Aufnahmetechnik exzellent ist, mag Tontechniker erfreuen, der Rezensent ärgert sich nur über den verschwendeten Speicherplatz...