[für BAD ALCHEMY 36/2000]
BRANDON LABELLEs CD Text = CD (Errant Bodies EB01.00) vertont Textkonzepte von drei Künstlern der Moderne: Arthur Rimbaud, der den Vokalen Farben zuordnete ("Book of Vowels (still wet)", "Alchemy - Word (stripping bare)" und "Water - Music - Saliva - Word"), Gertrude Stein, die die Materialität der Sprache mobilisierte ("Piano - Writing", "RoseIsARoseIsARose" und "This-Is-This") und Roland Barthes ("Writing Aloud (A seismic Rewriting)", "Phantom Conversation (Body - Sounding - Space)" und "Elemental Body"), der die ununterdrückbare Sinnlichkeit beim Verfassen von Texten gegen die allzu körperlose Sicht eines intellektuellen Schreibens betonte. Nun, LaBelles reduzierte, meditative Studien im Stile einer Musica Povera lassen sich sehr gut auch ohne konzeptuellen Überbau goutieren - was für die Qualität seiner Arbeit spricht. LaBelle hat einfach die Fähigkeit, aus sorgfältig destilliertem Material ebenso angenehme wie eindringliche Artefakte zu erschaffen, denen immer ein wenig der Hauch von Zeitlosigkeit anhaftet. Innere Ruhe, Ausgeglichenheit, (provisorischer) Friede zwischen Körper und Geist - das sind Vorstellungen, die sich mir beim Hören von Brandon LaBelles Werk anbieten. Seine intellektuellen Ambitionen, hier verkörpert durch den Booklet-Text, erreichen nicht immer dieses Niveau. In knarrendem Soziologen-Jargon werde ich abwechselnd mit Plattheiten ("The codes through which one must navigate as a social subject are governed by the medium of language.") und schlichtem Unsinn ("Language arises not so much from a need to communicate [...], but more from an impulse toward vocalization.") konfrontiert. Ich schlage deshalb vor, den Titel des Werks zu modifizieren: von "Text = CD" in "Text < CD". [Bezugsadresse: Errant Bodies, P.O. Box 931124, Los Angeles, CA 90093 USA; E-Mail: otic@earthlink.net]