[für BAD ALCHEMY #34/1999]

CAROLA BAUCKHOLTs klangliche Eskapaden auf klingt gut (Wergo WER 6538-2) machen ganz einfach Spaß, obwohl sie eineutig Neue Musik sind. Muss also offenbar kein Widerspruch sein. Die 40-jährige in Krefeld geborene Komponistin gehört ebenso wie der etwas jüngere Caspar Johannes Walter (siehe BAD ALCHEMY #33) zur Kölner "Thürmchen"-Clique (= selbstorganisierter Verlag und Klangkörper für Neue Musik). Ihr Temperament ist jedoch von Walter'scher "Schwerblütigkeit" (Walter über Walter) gänzlich verschieden. Hier triumphiert die Schnelligkeit der Auffassungsgabe, eine quicke Wachheit und Wahrnehmungspräzision, gewürzt mit einem Quäntchen theatralischen Humors. Es fällt mir schwer, einzelne Stücke hervorzuheben; am Besten nähert man sich der Bauckholt'schen Phantasie mit Hilfe der Repeat-Funktion des CD-Players, d. h.: oft hören, zuächst ganz leise und behutsam, dann (in entsprechender Stimmung) etwas lauter und damit eindringlicher. "klingt gut" (netter Titel, oder?) ist Kammermusik für unklassisch gespielte klassische Instrumente (Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott, Geige, Bratsche, Cello, Kontrabass, Klavier, ein wenig Schlagzeug und die menschliche Stimme), die zum größten Teil während der 90er Jahre geschrieben wurde. Bauckholts Ästhetik ist am Ehesten als anti-romantische zu beschreiben: "Es ist für mich von Bedeutung, das Rätselhafte unserer unmitelbaren Umgebung darzustellen." (Selbstaussage) Nicht trübe Innenwelten oder utopische Wunschgebilde inspirierten die Komponistin, sondern, beispielsweise in "Schraubdichtung" von 1990, das "handwerkliche Genre". Musikalisch wird "gestrichen, gerieben, geschlagen, gestoßen", kompositorisch "zerhackt, montiert, ausgefeilt". Witzig und sehr down to earth. Der Tonsatz ist frei von Larmoyanz, sinistrer Psycho-Dramatik und dem üblichen Weltuntergangspathos der Neuen Musik. Er kommt stattdessen frisch und frech daher und lädt zum "Horchen" (Selbstaussage) ein. Oberflächliche Effekthascherei wie selbstgefällige Virtuosität finden nicht statt. "Leise, alltägliche Geräusche faszinieren mich sehr. Sie treten erst dann auf, wenn es ruhig ist [...]. Von diesen Geräuschen leite ich die Musik ab, indem ich sie instrumentiere [...]. Dabei geht es nicht um eine akustische Abbildung, sondern um die Darstellung meiner [...] Empfindung dieser Klänge." Bauckholts Kompaktheit mit Transparenz brillant verbindende Partituren werden vom hervorragend disponierten Thürmchen-Ensemble im Übrigen makellos vorgetragen.