[für BAD ALCHEMY 36/2000]

CAROLYN HUMEs Keyboard-Spiel ist so ziemlich das Gegenteil von versierter Artistik, intellektualistischer Introspektion (Diaz-Infante) oder auch lockerer anything-goes-Verspieltheit. Hingabe ans Transzendentale (Crispell) oder Weltflucht fallen mir schon eher ein, wenn ich versuche, meinen Höreindruck von Zero (LEO LAB CD 066) in Worte zu fassen. Es ist gefährlich leicht, diese Piano- und Keyboard-Klänge unter New Age zu subsumieren, wären da nicht die stets präsenten besenbetriebenen Drums von PAUL MAY, die Humes flächige Sounds entschieden knackig konterkarieren. May spielt ausschließlich metrisch gebunden (d. h. "richtige" Rhythmen), er bevorzugt dabei die federnden, stark synkopischen Jazz-Rock-Beats der 70er Jahre, wie sie in den 90er Jahren im Drum 'n' Bass oder etwa bei Squarepusher wieder auftauchten. Sympathisch wird mir Carolyn Hume durch ihre Anti-Virtuosität, ihre sich selbst zuhörende, sich selbst in Frage stellende Performance, die jedoch die Kitschgrenze niemals überschreitet (außer, jemand findet tonale Musik per se antiquiert und kitschig). Nun, damit wäre das Konzept dieser knappen Stunde Musik auch schon erschöpfend umschrieben. Zero ist szene-ungebundenen Hörern (es muss sie einfach geben!) zu empfehlen, die aus einem verregneten Sonntagnachmittag im Frühherbst einen Klangflächen-Gottesdienst machen wollen.